Im Jahr 1989 ging am La Silla-Observatorium in Chile ein Teleskop mit damals einzigartiger Spiegeltechnik in Betrieb. Das »New Technology Telescope« (folgend: NTT-Teleskop) verbesserte die Abbildungsqualität auch lichtschwacher Objekte durch die bis zu diesem Zeitpunkt einzigartige Aktive Optik.

Getestet wurde von der ESO, die Spiegelverbiegung auszugleichen, die während der Beobachtung unweigerlich bei der Bewegung entstand. Inzwischen verwenden weitere Großspiegel die gleiche Technik für optimale Lichtsammelleistung bei ihren Forschungsprojekten.

Aktive Optik im Zeitalter der Riesenteleskope

Schon bei kleineren Spiegelflächen kommt es zu Biegeproblemen und somit verminderter Beobachtungsqualität. Zugunsten des astronomisch wertvollen Auflösungsvermögens werden zwar je nach Forschungsprojekt immer größere Lichtsammelflächen hergestellt, jedoch verstärken sich dadurch auch Abbildungsfehler.

Die ESO testete daher mit dem NTT-Teleskop eine bis dorthin unerprobte Spiegelunterstützung – die Aktive Optik. Seit 1989 unterstützen dicht gedrängte Mechanismen verschiedener Aktoren die Stabilität des 3,5 m-Einzelspiegels am La Silla-Observatorium in Chile.

Hierfür berechnen sie während der Arbeit ständig die Ist- und Soll-Geometrie des Einzelspiegels und gleichen jeweils dort die Verformung aus, wo sie von den Sollwerten abweicht. 

Einige Jahre vorher war es bereits gelungen, Störungen der Erdatmosphäre zugunsten besserer Beobachtungen mit Hilfe der sogenannten »adaptiven Optik« zu reduzieren.

Nachdem diese eigentliche Erfindung aus militärischen Forschungsprojekten für zivile Zwecke freigegeben wurde, entwickelte die ESO bald darauf eine Technik, um nicht nur äußere, sondern eben die Bewegungsstörungen am NTT-Teleskop direkt zu beseitigen.

Am La Silla-Observatorium und inzwischen weiteren Großteleskopen an anderen Standorten gelingt es mit der Aktiven Optik, direkte mechanische Einflüsse am Spiegel selbst auszugleichen.

NTT als Pionier neuartiger Bildqualität

Revolutionär am NTT-Teleskop ist nicht nur die ausgereifte Aktive Optik. Sie war bereits zuvor in wesentlich kleinerem Maßstab getestet worden und für die hier angestrebten Forschungsprojekte eben um einige Dimensionen vergrößert.

Auch die Position des Fangspiegels kann nach dem gleichen Ausgleichsprinzip in 3 verschiedene Richtungen gesteuert werden. Außerdem wurde eine weitere Korrekturmöglichkeit erstmalig in dieser Weise am La Silla-Observatorium getestet.

Turbulenzen über einem solch großen Spiegel wie dem NTT-Teleskop können die Bildqualität verzerren. Um die Luft während eines Forschungsprojektes ruhig über dem Spiegel zu halten, verteilt an dieser Technik des La Silla-Observatoriums ein System von Lüftungsklappen mögliche Staus und Strömungen so gleichmäßig, als würde Wüstenwind den Beobachtungsstandort still halten.

Seit Inbetriebnahme erweiterte die ESO die ausgeklügelte NTT-Technik um weitere Verbesserungen. Sowohl das Gehäusedesign als auch Kühlungssysteme zur Vermeidung von Hitzestaus wurden zusätzlich zur Aktiven Optik installiert.

Derzeitige Ausstattung des NTT

Ebenso, wie die anderen Teleskope am La Silla-Observatorium modernisierten die Betreiber das NTT-Teleskop neben der stets ergänzten Aktiven Optik auf den neuesten Stand von Wissenschaft und Technik. »Son of ISAAC« (Sofi) beinhaltet eine Infrarot-Kamera und einen niedrig auflösenden Spektrographen mit hohem, polarimetrischen Zeitauflösungsmodus.

Damit sind zum Beispiel Forschungsprojekte zur genaueren Bestimmung supermassiver Schwarzer Löcher möglich. Der Spektrograf EFOSC2 (»ESO Faint Object Spectrograph and Camera, v.2«) arbeitet mit einem Modus im Bereich der niedrig auflösenden sowie Multi-Objekt-Spektroskopie, der Polarimetrie und der Coronografie.

Ehrgeizige Forschungsprojekte am La Silla-Observatorium

Wie einige der anderen Großteleskope der Welt hält das NTT-Teleskop einige Weltrekorde. Neben seiner Pionierrolle hinsichtlich der Aktiven Optik finden Forschungsprojekte zur Entschlüsselung galaktischer Zentren statt, wurden sonnenähnliche Schwingungen in einem Stern als der Sonne registriert und protoplanetare Staubscheiben um massereiche, junge Sterne entdeckt.

Damit kann die ESO möglicherweise in naher Zukunft die Sternentstehung in massereichen Sternen besser, vielleicht sogar vollständig, enträtseln. Am La Silla-Observatorium wurden mit diesem Teleskop auch zahlreiche Entfernungskorrekturen bei der Bestimmung ferner Galaxien vorgenommen.

Doch Wissenschaft schaut zuweilen gar nicht so tief ins Weltall. Weltraumwetter, ausgelöst von den Sonnenaktivitäten, findet direkt vor unserer irdischen »Haustür« statt. Der Einfluss des Sonnenwindes auf die Bewegung von Asteroiden kann im Rahmen eines eigenen Forschungsprojektes ihre Bahnveränderungen feststellen.

Auch die Sterne direkt um das Zentrum unserer eigenen Galaxie werden derzeit am La Silla-Observatorium besonders ins Visier genommen. Aktuell versucht die ESO eine Massebestimmung und eine Messung des Radius’ des supermassiven Schwarzen Loches im Zentrum der Milchstraße. Obwohl die Aktive Optik nunmehr bei weiteren Großteleskopen im Dienst ist, gelten die Verbesserungen am NTT-Teleskop nach wie vor als Nachahmeprojekte für andere Betreiber.